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The Data Economist Blog (DE) | Etablierung einer Data Inspired & Digital Culture

KI macht stark – aber vielleicht nicht dein Unternehmen

Künstliche Intelligenz verspricht Effizienz und Innovation. Doch ob Unternehmen profitieren oder nur Google, ChatGPT & Co. reicher werden, hängt von klaren strategischen Entscheidungen ab.

Wo KI an ihre Grenzen stößt

Die große Versuchung bei Künstlicher Intelligenz liegt darin, sie überall einzusetzen, auch dort, wo sie nicht hingehört. Nehmen wir ein einfaches Beispiel: Ein Restaurant bestellt seit Jahren weiße Tischdecken. Eine KI, trainiert auf Bestellmustern, würde auch diesmal automatisch Weiß wählen. Doch durch eine Fehllieferung kommen plötzlich grüne Tischdecken an. Die logische Reaktion wäre, sie zurückzusenden. Aber der Mensch schaut hin, spürt die Wirkung und erkennt, dass die grünen Decken viel besser ins Ambiente passen. Auch die Gäste sind begeistert. Genau dieser kreative Perspektivwechsel entsteht nicht aus Algorithmen, sondern aus Empathie und situativem Urteilsvermögen. KI glänzt dort, wo es um Wiederholbarkeit und Muster geht, aber in Momenten, in denen Emotionalität und Kreativität den Unterschied machen, bleibt der Mensch überlegen.

Warum viele KI-Strategien austauschbar bleiben

In Unternehmen zeigt sich derzeit ein widersprüchliches Bild. Einerseits herrscht enormer Kostendruck, der den Einsatz von KI fast zwingend erscheinen lässt. Andererseits ähneln viele KI-Strategien austauschbaren Vorlagen. Sie sind gespickt mit Schlagworten, aber ohne klares Profil oder Bezug zum eigenen Geschäft. Gleichzeitig kämpfen Organisationen mit schlecht gepflegten Datenbeständen, hartnäckigem Silodenken und Zielsystemen, die sich zwischen Abteilungen widersprechen. Das Ergebnis ist, dass Dateninitiativen isoliert bleiben, Verantwortung diffus verteilt ist und KI-Anwendungen am Ende eher Google, ChatGPT & Co. stärken als das eigene Unternehmen.

Das eigentliche Problem: Kleindenken statt Wertschöpfung neu denken

Das eigentliche Problem liegt darin, dass viele Organisationen zu kleinteilig denken. Sie optimieren einzelne Prozesse und feiern kleine Effizienzgewinne, verlieren dabei aber die große Frage aus den Augen: Wie verschiebt KI die Wertschöpfung? Besonders im E-Commerce führt KI häufig dazu, dass Margen auf Plattformen abwandern. Wer hier nicht bewusst steuert, stärkt am Ende die falschen Player. Hinzu kommt, dass Schlagworte wie Datendemokratisierung in der Praxis an fehlender Datenkompetenz, widersprüchlichen Definitionen und unklarer Verantwortung scheitern.

Drei Quick-Wins für sofortigen Fortschritt

Was also tun. Unter Kostendruck lassen sich drei Quick-Wins sofort angehen. Erstens sollte man dort starten, wo Veränderungswille vorhanden ist. Nicht in Abteilungen, die durch starre Strukturen gelähmt sind, sondern mit einer Koalition der Willigen. Zweitens lohnt es sich, Prozesse zu automatisieren, die klaren Mustern folgen, etwa in der Content-Erstellung, in der Datenanalyse oder bei einfachen Support-Antworten. Drittens gilt es, schneller zu handeln als der Wettbewerb. Wer nicht auf endlose Freigaben wartet oder PowerPoint-Schlachten schlägt, sondern live testet, lernt und verbessert, kann sich einen Vorsprung von mehreren Monaten verschaffen und damit echten Impact erzielen.

Der langfristige Hebel: Eigenständige Wertschöpfung sichern

Langfristig reicht das jedoch nicht aus. Eine belastbare KI-Strategie muss über inkrementelle Prozessoptimierung hinausgehen. Sie darf nicht darin enden, bestehende Abläufe etwas effizienter zu machen. Stattdessen geht es darum, Wertschöpfung bewusst neu zu definieren. Der Unterschied entsteht nicht allein durch Tools und Daten, sondern durch die Art, wie Unternehmen sie mit ihrer Kultur, Organisation und ihrem Geschäftsmodell verbinden. Welche Kombination schafft eine eigene, verteidigbare Position. Wie können engere Kundenbeziehungen, höheres Vertrauen oder eine größere Nähe zur Nachfrage entstehen. Und nicht zuletzt: In welchen Branchen oder Geschäftsmodellen lassen sich strukturelle Vorteile aufbauen, die nicht sofort von globalen Plattformen abgeschöpft werden. Ein Vergleich aus der Energiebranche verdeutlicht das: Wer lokale Netze oder Blockheizkraftwerke besitzt, schafft sich eine Resilienz, die ihn unabhängiger von großen Versorgern macht. Übertragen auf KI heißt das, gezielt Bereiche zu suchen, in denen sich die eigene Wertschöpfung absichern lässt. Ein weiteres Beispiel sind digitale Ökosysteme. Unternehmen, die Plattformen oder Netzwerke aufbauen, können ihre Geschäftsmodelle neu denken und sich nachhaltig vom Wettbewerb abgrenzen. In beiden Fällen geht es darum, nicht nur Effizienzgewinne zu erzielen, sondern eine Position zu schaffen, die langfristig verteidigt werden kann – unabhängig von Google, ChatGPT & Co.

Fazit: KI als Werkzeug, nicht als Schicksal

Das Fazit lautet, dass KI weder Heilsbringer noch Bedrohung ist, sondern ein Werkzeug. Entscheidend ist, ob Unternehmen sie nutzen, um die eigene Wertschöpfung zu stärken, oder ob sie in Abhängigkeiten geraten. Wer den Mut hat, Daten nicht nur für Optimierung, sondern für Transformation einzusetzen, wer schnell testet und gleichzeitig langfristig an einer einzigartigen Positionierung arbeitet, wird die Gewinnerseite besetzen. Alle anderen werden sich fragen, warum ihre millionenschweren KI-Investitionen so wenig Wirkung zeigen, während die Mutigen längst den Unterschied machen.

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